Anna Maria Schuster ist in der Seilbahn und blickt aus der Tür heraus.

Schwe­ben, genie­ßen und Erin­ne­run­gen fürs Leben sammeln

Von Jan Millenet, am 19. März 2020

Den Neckar und die Stadt von oben sehen. Das war es, was Dagmar Grimm 1975 besonders aufregend fand. Und das ist es, woran sich die heute 57-Jährige noch immer gerne erinnert. Fast täglich sei sie damals vom Herzogenriedpark aus mit dem Aerobus „geflogen“, einer Einschienenbahn mit hängenden Kabinen. Der Aerobus wurde 1975 für die Mannheimer Bundesgartenschau aufgebaut, um die beiden Gartenschaugelände Herzogenried- und Luisenpark zu verbinden. „Ich habe es geliebt. Deshalb bin ich auch nie im Luisenpark ausgestiegen, sondern immer hin und her gefahren“, schwärmt die Mannheimerin. Den Aerobus gibt es heute zwar nicht mehr. Dafür bekommt Mannheim aber zur Bundesgartenschau 2023 eine Seilbahn.

                  

„Schöns­te Zeit mei­nes Lebens“

Dagmar Grimm war 1975, also im Jahr der ersten Mannheimer Bundesgartenschau, zwölf Jahre alt. Und sie hatte besonderes Glück. Denn ihr Vater war Verkehrsleiter in der Aerobus-Zentrale. Sein Arbeitsplatz befand sich in einem „Kabuff“ im Herzogenriedpark. „Ich bin nach der Schule dorthin gelaufen, habe meine Schultasche beim Vater abgestellt und bin dann entweder durch den Park gestreift oder in den Aerobus gestiegen“, erzählt Helga Grimm und lächelt. „Das war die beste Möglichkeit, alles von oben zu sehen. Damals war das Fliegen janicht so alltäglich wie heute.“

Auch Dagmar Grimms fast 88-jähriger Vater erinnere sich noch ganz genau an die Zeit der Bundesgartenschau, kenne viele Geschichten rund um den Aerobus, erklärt sie. „Er sagt heute noch: Das war die schönste Zeit meines Lebens“, so die Tochter, die sich bereits selbst als BUGA-Patin für die anstehende Bundesgartenschau engagiert. „Natürlich“, antwortet sie auch sofort auf die Frage, ob sie sich denn auf die neue Seilbahn der BUGA 2023 freue. Sie werde selbstverständlich eine fleißige Seilbahnfahrerin sein. Und Dagmar Grimm fügt lachend hinzu: „Eine Jahreskarte für die BUGA ist sicher.“


Koblen­zer Seil­bahn als Besuchermagnet

Ähnlich wie Dagmar Grimm erging es 2011 auch Anna Maria Schuster aus Koblenz. „Es war spannend über den Rhein zu schweben“, blickt die Geschäftsführerin der BUGA-Freunde Koblenz zurück. Ihre erste Fahrt führte von der Koblenzer Altstadt nach oben. „Bis zur Festung Ehrenbreitstein“, präzisiert sie. „Es war sehr beeindruckend, das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal von oben zu sehen – und nicht immer nur von unten.“ Auch sie sei regelmäßig mit der eigens für die Koblenzer Bundesgartenschau errichteten Seilbahn gefahren. „Manchmal musste man sich ungefähr eine Stunde lang für die Fahrt anstellen. Das habe ich oft extra gemacht, denn so konnte man mit den Menschen ins Gespräch kommen und von der Heimatstadt erzählen.“

Anna Maria Schuster ist sich sicher, dass die Seilbahn, die in Koblenz zwei von insgesamt drei BUGA-Arealen verbunden hat, einer der Veranstaltungsmagnete war. „Ich würde mal behaupten, dass sich ab dem Baubeginn 2010 viele dazu entschieden haben, eine Dauerkarte zu kaufen“, sagt sie. Obendrein habe die Seilbahn aber auch deutlich zur Verkehrsentlastung gesorgt, denn ohne sie hätten verstärkt Busse zum Transport der Besucher eingesetzt werden müssen. Was an Spitzentagen zu einer deutlichen Belastung für bestimmte Teile von Koblenz rechts und links des Rheins geworden wäre. „So war alles sehr entspannt.“ Und spannend.


Auf­re­gen­de Zeit steht an

Eine aufregende Zeit wartet also auch auf die BesucherInnen der BUGA23 in Mannheim. Spätestens im September 2020 erfolgt die Auftragsvergabe für die geplante Seilbahn, die dann in 2023 über eine Strecke von circa 2,1 Kilometern bis zu 2.800 Personen pro Stunde und Richtung bei einer Fahrzeit von etwa acht Minuten transportieren wird. Die BUGA-Planer gehen von 45 bis 50 Gondeln für jeweils zehn bis zwölf Personen aus. Eine längere Installation über die BUGA hinaus wie beispielsweise in Koblenz ist jedoch nicht vorgesehen. „Nach Prüfung wäre der dauerhafte Betrieb einer Seilbahn über den Neckar nicht wirtschaftlich darstellbar und die Kosten für eine Fahrt für einen Nutzer nicht interessant. Auch der Anschluss an das ÖPNV-Netz wurde geprüft und aus ökonomischer Sicht als nicht sinnvoll eingeschätzt“, erklärt BUGA23-Geschäftsführer Michael Schnellbach.

Immerhin: Die BesucherInnen der BUGA haben 2023 sechs Monate von April bis Oktober Zeit, um in den Gondeln über Mannheim zu schweben. Und dabei viele schöne Erinnerungen zu tanken, die ein Leben lang bleiben werden.